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GG  
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

(1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, daß die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung zu berücksichtigen.
(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehen durch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheid bedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.
(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus deren Gebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztes Land gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen ist über die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehenbleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebildet werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuen oder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessen künftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebietsteilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit im gleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit der Änderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einem Gebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Land geändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Änderung zustimmt, es sei denn, daß im Gesamtgebiet des betroffenen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderung ablehnt.
(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfindet.
(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine in dem Gesetz vorzuschlagende Änderung der Landeszugehörigkeit Zustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nicht mehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eine Mehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörigkeit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändert wird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine den Maßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustimmung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführung der Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlagenen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheid nicht mehr bedarf.
(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt. Im übrigen wird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorsehen, daß Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren nicht wiederholt werden können.
(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder können durch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als 50.000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages bedarf. Es muß die Anhörung der betroffenen Gemeinden und Kreise vorsehen.
(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Meinungs- und Informationsfreiheit, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit (Art. 5 I GG)

Prüfungsschema für die Kommunikationsgrundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit (Art. 5 I GG) als Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Schutzbereich 
  3. Persönlicher Schutzbereich 
  4. Natürliche Personen
  5. Juristische Personen
  6. Sachlicher Schutzbereich 
  7. Meinungsfreiheit (Art. 5 I 1 Var. 1 GG)
  8. Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 Var. 2 GG)
  9. Pressefreiheit (Art. 5 I 2 Var. 1 GG)
  10. Filmfreiheit (Art. 5 I 2 Var. 3 GG)
  11. Rundfunkfreiheit (Art. 5 S. 2 Var. 2 GG)
  12. Eingriff
  13. Rechtfertigung
  14. Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘) 
  15. Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
  16. Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes 
  17. Formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
  18. Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
  19. Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
  20. Form: Ausfertigung und Verkündung
  21. Materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
  22. Allgemeine materielle Anforderungen
  23. Verhältnismäßigkeit des Gesetzes 
  24. Legitimer Zweck 
  25. Geeignetheit
  26. Erforderlichkeit
  27. Angemessenheit
  28. Zensurverbot, Art. 5 I 3 GG
  29. Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts

 

Dieses Schema bildet die klassische abwehrrechtliche Dimension der Kommunikationsfreiheiten in Form des Schutzes vor staatlichen Eingriffen ab. Überdurchschnittlich stark ausgeprägt sind aber zudem in Bezug auf die… 

  • Pressefreiheit, die Dimension der staatlichen Schutzpflicht
    insb. bei der einfachrechtlichen Ausgestaltung der Rechtsordnung ist dem Postulat der freien Presse Rechnung zu tragen durch z.B.: Freie Gründung von Presseorganen, freier Zugang zu den Presseberufen, Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden;

  • Informationsfreiheit, die Dimension der Ausstrahlungswirkung auf die Rechtsverhältnisse Privater untereinander (sog. mittelbare Drittwirkung
    z.B. bei der Auslegung der miet- und eigentumsrechtlichen Bestimmungen des BGB, wenn Mieter eine Satellitenschüssel am Balkon anbringen wollen); sowie die

  • Meinungsfreiheit, die Dimension der Ausstrahlungswirkung auf die Rechtsverhältnisse Privater untereinander (sog. mittelbare Drittwirkung
    z.B. bei der Auslegung des § 1004 I 2 BGB oder § 823 I BGB als Grundlage für Unterlassungsansprüche gegen Meinungsäußerungen

 

 

Schutzbereich 

Persönlicher Schutzbereich 

Natürliche Personen

Die Kommunikationsfreiheitsrechte des Art. 5 I GG sind ‚Jedermanngrundrechte‘ (auch ‚Menschenrechte‘), auf die sich alle natürlichen Personen – unabhängig von ihrer Nationalität – berufen können.

Juristische Personen

Juristische Personen können sich unter den Voraussetzungen des Art. 19 III GG (siehe das Schema dort) grds. auf Art. 5 I GG berufen.

z.B. politische Parteien, NGOs; auch: grundrechtsdienende staatliche Einrichtungen wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten

 

 

Sachlicher Schutzbereich 

Meinungsfreiheit (Art. 5 I 1 Var. 1 GG)

Meinungsfreiheit = Schutz von Werturteilen i.R.d. geistigen Auseinandersetzung mit einem Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens 

  • Inhalt
    Aufgrund der Meinungsneutralität des Staates ist es irrelevant, ob die Meinung politisch/unpolitisch, wertvoll/wertlos, emotional/rational ist, öffentlichen/privaten Bezug hat. 

 

Sind Tatsachenbehauptungen vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst?

Tatsachenbehauptungen = Behauptungen, die (aufgrund der objektiven Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit) dem Beweis zugänglich, d.h. wahr oder falsch sind

  • e.A.: (-) Nie vom Schutzbereich umfasst
    (proWortlaut: Begriffliches Gegenpaar zum Werturteil

  • e.A.: (+) Immer vom Schutzbereich umfasst
    (pro) Trennscharfe Abgrenzung zur Meinung ist ohnehin aum möglich; die spezifische Auswahl und Darstellung einer Tatsache ist selbst ein Werturteil

  • BVerfG: (+/-) Differenzierend
    • (-) Nicht umfasst: Erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen (z.B. dass es den Holocaust nie gegeben habe; nicht jedoch bewiesen unwahr ist Leugnung der deutschen Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs oder die Tatsache der Begehung einer Straftat alleine nach gerichtlichem Freispruch mangels hinreichendem Tatverdacht).
      (proTelos: Diese können keinen schützenswerten Beitrag zur Meinungsbildung leisten.
    • (+) Umfasst: Tatsachenbehauptungen, die 
      • …mit einem Werturteil verbunden sind oder ein solches befördern sollen oder sich nicht von einem solchen trennen lassen oder
      • …Grundlage für die Bildung eines Werturteils sind. 

 

Sind beleidigende Äußerungen vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst?

  • e.A.: (+) Ja, alle
    (proSystematik: Keine einfachgesetzliche Verengung (durch strafrechtliche Aussagedelikte) des verfassungsrechtlichen Schutzbereichs; Staat kann einschränkende Gesetze erlassen, unterliegt dabei aber der grundrechtlichen Rechtfertigungspflicht (s.u.); Schranke der „persönlichen Ehre" des Art. 5 II GG sonst weitgehend bedeutungslos.

  • BVerfG: (+/–) Differenzierend
    • Grds. umfasst: auch beleidigende Äußerungen
    • Nicht umfasst: 
      • Formalbeleidigungen
      • Schmähkritik
      • Angriffe auf die Menschenwürde
        (proTelos: All diese können keinen schützenswerten Beitrag zur Meinungsbildung leisten.
  • Formalbeleidigung = Beleidigung, die sich aus der Form (z.B. herabwürdigender Ton; nach allgemeiner Auffassung besonders krasse, aus sich heraus herabwürdigende Schimpfwörter) oder den Umständen (z.B. Verbreiten intimer Eigenschaften einer Person aus deren Kindheit ohne berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit; sog. Reaktualisierung) ergibt.

  • Schmähkritik = Äußerung, die – mag sie auch pointiert, polemisch, überzogen, völlig unverhältnismäßig oder sogar ausfällig sein –keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und der es im Grunde ausschließlich um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht.

  • Angriff auf die Menschenwürde = Wenn sich eine Äußerung nicht lediglich gegen einzelne Persönlichkeitsrechte richtet, sondern einer konkreten Person den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit abspricht 

 

  • Form
    Geschützt sind sämtliche Äußerungsformen. 
    z.B. Wort, Schrift oder Bild in jeweils physischer oder virtueller Form

  • Umfang

    • Positive Freiheit
      Die positive Freiheit schützt das Haben, Äußern und Verbreiten.

    • Negative Freiheit
      Die negative Freiheit das Nicht-Haben und dergl. 

 

 

Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 Var. 2 GG)

Informationsfreiheit = Schutz des aktiven Beschaffens und passiven Empfangens von Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen.

  • Informationsquelle = Alle Träger von Informationen (unabhängig von ihrer Form), darunter auch Ereignisse und Vorgänge

  • Allgemein zugänglich = Technisch geeignet und bestimmt sowie von der Rechtsordnung vorgesehen, der Allgemeinheit – also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis – zugängig zu sein

  • Normgeprägter Schutzbereich
    Die Informationsfreiheit hat gem. h.M. / BVerfG über das Merkmal „allgemein zugänglich" einen ‚normgeprägten‘ Schutzbereich, der also durch Normen der einfachen Rechtsordnung ausgestaltet wird.
    z.B. nicht allgemein zugänglich sind die gerichtlichen Hauptverhandlungen wegen des einfach-rechtlichen Film- und Tonaufnahmeverbotes des § 169 S. 2 GVG

  • Inhalt
    Die Art des Inhalts ist unerheblich.
    z.B. Infos oder Meinungen; öffentliche oder private Angelegenheiten

  • Umfang

    • Positive Freiheit
      Die positive Freiheit umfasst das aktive Beschaffen von Quellen. Nach e.A. resultiert hieraus ein verfassungsunmittelbarer Anspruch von jedermann (und nicht nur von Presseorganen; s. dazu unstrittig u.) gegenüber staatlichen Behörden auf die Bereitstellung von allgemein zugänglichen Informationen bzw. auf die Beantwortung von Fragen hierzu (str.).

    • Negative Freiheit
      Historisch bedeutsam ist daneben insb. auch die negative Freiheit des Nicht-Empfangens von Informationen (insb. staatlicher Propaganda). 

 

 

Pressefreiheit (Art. 5 I 2 Var. 1 GG)

Pressefreiheit = Schutz aller zur Verbreitung an einen unbestimmten Personenkreis bestimmten und geeigneten Druckerzeugnisse 

  • Zeitlicher Schutz
    Schutz von der Beschaffung der Informationen bis zur (beliebig wiederholten) Verbreitung. Hieraus resultiert nach ganz h.M. ein verfassungsunmittelbarer Anspruch von Presseorganen gegenüber staatlichen Behörden auf die Bereitstellung von allgemein zugänglichen Informationen bzw. auf die Beantwortung von Fragen hierzu. 

  • Personeller Schutz
    Umfassend
    , auch entfernter Bezug ausreichend.
    z.B. Redakteur, Journalist, Verleger, Herausgeber, Drucker, Vertriebsleiter

  • Inhalt
    Art / Qualität des Inhalts ist irrelevant; Erscheinungszyklus (einmalig oder periodisch) irrelevant.
    z.B. Tageszeitungen, Boulevard-Magazine, Belletristik, Flugblätter, Aufkleber, Werbe‑Plakate mit Schockwerbung

  • Umfang
    Die positive Freiheit umfasst neben dem Schutz von Druckerzeugnissen auch die Presse als Einrichtung (Institutsgarantie).

 

 

Filmfreiheit (Art. 5 I 2 Var. 3 GG)

Filmfreiheit = Schutz der Übermittlung von Gedankeninhalten durch Bildreihen, die zur Projektierung bestimmt sind

  • Zeitlicher Schutz
    Schutz von der Herstellung bis zur (beliebig wiederholten) Verbreitung.

  • Inhalt
    Art / Qualität des Inhalts ist irrelevant (aufgrund der oft künstlerischen Komponente aber oft von der Kunstfreiheit, Art. 5 III GG verdrängt).
    z.B. Blockbuster, Dokus, „Trash-TV", TikToks/Shorts/Reels

 

 

Rundfunkfreiheit (Art. 5 S. 2 Var. 2 GG)

Rundfunkfreiheit = Schutz der an einen unbestimmten Adressatenkreis gerichteten Übertragung von Gedankeninhalten mittels elektrischer Schwingungen

  • Zeitlicher Schutz
    Schutz von der Beschaffung der Informationen bis zur (beliebig wiederholten) Verbreitung.
  • Inhalt
    Art / Qualität des Inhalts grds. irrelevant.
    z.B. Information, Bildung, Unterhaltung o.a. Zwecke

  • Form
    • Verbreitungsmethode
      • Übertragung mittels elektrischer Schwingungen (hier: Abgrenzung zu Presse- und Filmfreiheit).
      • Nach h.M. aufgrund teleologischer Auslegung nicht (mehr) erforderlich sind die Gleichzeitigkeit des Empfangs bzw. mangelnde Auswahlmöglichkeit der Empfänger (Linearität).
        z.B. auch Video on Demand / Streaming-Plattformen
    • Herstellungsmethode
      Erforderlich sind nach h.M. (weiterhin) redaktionell verantwortete und programmlich aufbereitete Inhalte.
      z.B. nicht soziale Medien (str.)

    • Bestandsgarantie
      Neben dem Schutz der übertragenen Inhalte auch Schutz der Organisation und Finanzierung inkl. Rundfunkwerbung sowie der Gründung privater Rundfunkunternehmen (Bestandsgarantie).

 

 

 

Eingriff

Zuerst sollte das Vorliegen eines ‚klassischen Eingriffs‘ geprüft werden; nur wenn ein Merkmal nicht erfüllt ist, sollte auf den ‚modernen Eingriffsbegriff‘ eingegangen werden. Siehe hierzu ausführlich das Prüfungsschema Freiheitsgrundrechte

Eingriff = Jedes staatliche Handeln, das zur Beeinträchtigung des Schutzbereiches führt und nach dem …

  • klassischen Eingriffsbegriff final, unmittelbar, rechtsförmig und zwangsförmig ist, bzw.
  • modernen Eingriffsbegriff (auch: ‚neuer Eingriffsbegriff‘) ein „funktionales Äquivalent" zu einem klassischen Eingriff darstellt.
    Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Eingriff eines der folgenden Merkmale aufweist: besondere Intensität, besondere Finalität oder besondere Zurechenbarkeit (meist definiert als Kausalität plus Vorhersehbarkeit).

Beispiele: Straftatbestände für bestimmte Meinungen (Meinungsfreiheit); Warnung vor radikalen Zeitungen im Verfassungsschutzbericht (Pressefreiheit); Durchsuchen von Redaktionsräumen (je nach Redaktion Presse- oder Rundfunkfreiheit); Verbot des Aufführens eines Filmes (Filmfreiheit)

 

 

 

Rechtfertigung

Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘) 

Der Wortlaut des Art. 5 II GG enthält drei Einschränkungsmöglichkeiten:

  • allgemeine Gesetze, 
  • Gesetze zum Jugendschutz,
  • Recht der persönlichen Ehre

Nach h.M. inkl. BVerfG (Wunsiedel-Beschluss) handelt es sich dabei nicht um drei unterschiedliche Schranken, sondern um einen einheitlichen qualifizierten Schrankenvorbehalt. Ehrschutz und Jugendschutz bilden dabei Unterfälle der allgemeinen Gesetze. Auch Gesetze zum Schutz der Jugend und zum Schutz der persönlichen Ehre müssen somit allgemeine Gesetze sein.

 

Was sind „allgemeine" Gesetze?

  • e.A.: Sonderrechtslehre
    Gesetze, die sich nicht gegen eine bestimmte Meinung – etwa in Form von Überzeugungen, Haltungen oder Ideologien – oder gegen die Meinungsfreiheit als solche richten (Meinungsinhaltsneutralität).

  • a.A.: Abwägungslehre
    Gesetze, die dem Schutz eines gegenüber Art. 5 I GG höherwertigen Rechtsgutes dienen.

  • BVerfG & h.L.: Kombinationslehre
    Gesetze, die sich nicht gegen eine bestimmte Meinung oder gegen die Meinungsfreiheit als solche richten, sondern dem Schutz eines schlechthin höherwertigen Rechtsguts dienen.

 

Kommen neben dem qualifizierten Schrankenvorbehalt (‚allgemeine Gesetze‘) auch verfassungsimmanente Schranken (kollidierendes Verfassungsrecht wie insb. andere Grundrechte) in Betracht?

  • e.A.: (-) Nein
    (proWortlaut/Systematik: Unterwanderung der speziellen qualifizierten Schrankenregelung mit ihrer Grenze der Einschränkbarkeit (nur durch „allgemeine" Gesetze). 

  • BVerfG: (+) Ja in Form des Schutzes der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
    Daher auch Zulässigkeit von Vorschriften, die auf die Verhinderung einer propagandistischen Affirmation der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft zwischen den Jahren 1933 und 1945 zielen (z.B. Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 III, IV StGB), auch wenn diese meinungsspezifisch (und somit nicht ‚allgemein‘ sind).
    (pro) Historie/Telos: Aufbau des Grundgesetzes als Bollwerk gegen nationalsozialistische Strömungen.

 

Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)

Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes 

Formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes

(→ Ausführlich hierzu das Prüfungsschema Gesetzgebungsverfahren)

Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
Form: Ausfertigung und Verkündung

 

Materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
Allgemeine materielle Anforderungen
  • Zitiergebot (Art. 19 I 2 GG; teilw. auch unter ‚formelle Verfassungsmäßigkeit‘ geprüft)
  • Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG) 
  • Bestimmtheit und Rückwirkungsverbot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell für Strafgesetze, Art. 103 II GG)
  • Verbot der Einschränkung des Wesensgehaltes (Art. 19 II GG)

 

Verhältnismäßigkeit des Gesetzes 

Legitimer Zweck 

Grds. jedes öffentliche Interesse, das verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen ist.

Geeignetheit

Das Ziel kann grundsätzlich durch das Mittel erreicht werden. 

Erforderlichkeit

Es existiert kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Ziels.

 

Angemessenheit

Hier liegt in aller Regel der Schwerpunkt der Klausur. Dies sollte bei der Zeiteinteilung unbedingt berücksichtigt werden. 

Die Intensität des Eingriffs muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel des Schutzes anderer Verfassungsgüter stehen. 

 

Spezifisch in Bezug auf die Meinungsfreiheit gilt dabei zu berücksichtigen:

  • BVerfG: Abstrakt hohes Gewicht der Meinungsfreiheit
    Das BVerfG erblickt in der Meinungsfreiheit als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft und als für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierende Verbürgung eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt.

  • BVerfG: Konkretes Gewicht der Meinungsäußerung je nach Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung
    Bei der Abwägung anzusetzendes Gewicht der Meinungsfreiheit ist umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht.

  • BVerfG: Wechselwirkungslehre
    Grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die freiheitliche demokratische Grundordnung; daher:
    • Allgemeine, die Meinungsfreiheit einschränkende Gesetze sind im Lichte der Meinungsfreiheit zu betrachten und werden durch diese wiederum eingeschränkt, sodass eine restriktive Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen der Eingriffsgrundlage nötig ist.
      z.B. restriktive Auslegung des Tatbestandes der Beleidigung des § 185 StGB
    • Die konkreten Meinungsäußerungen sind im Lichte der Meinungsfreiheit zu betrachten und entsprechend restriktiv auszulegen. 
      z.B. darf bei mehrdeutigen, potenziell strafbaren Äußerungen nicht die zur Verurteilung führende Deutung zugrunde gelegt werden, ohne dass andere, ebenfalls mögliche Deutungen mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen worden sind

 

Zensurverbot, Art. 5 I 3 GG
  • h.M.: Pauschaler Ausschluss der Vor-/Präventivzensur

Vor-/Präventivzensur = Einschränkende Maßnahmen vor Herstellung / Verbreitung; insb. Abhängigmachen von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung des Inhalts 

  • Nachträgliche Zensur bei Einhaltung der sonstigen Voraussetzungen grds. möglich.
  • Vorherige Eignungsprüfungen, die nicht das pauschale Recht zur Herstellung/Verbreitung beeinträchtigen, sondern lediglich die Eignung für best. Zwecke (z.B. Aufnahme als Lehrinhalte in Schulen) prüfen grds. zulässig.

 

 

Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts

Urteil oder Maßnahmen aufgrund des Gesetzes.

 

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